Audi RS5 gegen Mercedes E500
Zwei Achtzylinder-Cabrios im Vergleichstest: Der offene Audi RS5 tritt mit Saugmotor gegen das geliftete Mercedes E 500 Cabrio mit Turbo-Aggregat an. Welche Kombination überzeugt als sportlicher Viersitzer mit Stoffverdeck?
Da der Klang eines ordentlichen Achtzylindertriebwerks zu den legalen Rauschmitteln gehört – noch zumindest –, sollte davon immer eine ordentliche Dosis abrufbar in der Garage parken. Optimalen Genuss versprechen ein altes US-Car, ein ordentlicher Auspuff oder ein V8-Cabrio. Trommelwirbel, Tusch, Applaus: Vorhang auf für den Audi RS5 und den Mercedes E 500 in ihrer offenen Variante.
Beide bemühen sich erstmals in diesem Sommer um Kunden, der Audi ganz neu, der Mercedes aufwendig renoviert. Die E-Klasse schmückt sich zwar mit diversen edlen AMG-Zutaten, doch hier handelt es sich nicht um technische Änderungen – und damit ist der Mercedes E 500 eben auch kein echter AMG. Ist das womöglich eine Verzerrung? Denn beim Audi RS5 handelt es sich um ein originales Produkt der quattro GmbH – mit hochdrehendem Sport-V8, aufwendigem Allradantrieb, Nordschleifen-erprobtem Fahrwerk sowie Schalensitzen.
V8 ist das Beste, was die Motorenbaukunst bietet
Um Kritikern gleich noch mehr Zündstoff zu liefern: Der Audi RS 5gewinnt diesen Vergleich, und zwar völlig zu Recht. Doch einmal ganz abgesehen davon, dass der BMW M3 selbst als Cabrio inzwischen durch ist, gebührt dem Mercedes E 500 eine ordentliche Lobhudelei, denn schließlich geht es in diesem Duell auch um die Güte der V8-Triebwerke. Und das, was unter der Haube der E-Klasse wuchtbrummt, gehört derzeit zum Besten, was die Motorenbaukunst zu bieten hat.
Aus 4,7 Liter Hubraum pressen zwei Turbolader eine Leistung von 408 PS sowie ein maximales Drehmoment von eben mal 600 Newtonmeter, das bereits bei 1.600 Umdrehungen die Siebengang-Automatik des Mercedes E500 Cabriolets ins Schwitzen bringt. Die bis zu vier Insassen bewahren dagegen meist einen kühlen Kopf, denn der ausfahrbare, Aircap genannte, Spoiler am oberen Scheibenrahmen und das Windschott zwischen den hinteren Kopfstützen lassen den Sturm draußen. Stattdessen tupft ein angenehmer Luftzug eventuelle Schweißperlen weg.
Im Bug dagegen herrscht Druck, wenn die beiden Lader mit 0,9 bar zum Angriff blasen. Mit der Souveränität eines Vorstandsvorsitzenden beschleunigt das Triebwerk den über 1,9 Tonnen schweren Mercedes E 500 in 5,1 Sekunden von null auf 100 km/h, schieben weiter an, bis nach 17,4 Sekunden auch die 200-km/h-Marke fällt. Dabei hebt das Cabriolet dezent knurrend seine Stimme, verliert nie die Contenance, denn da ist auch das Automatikgetriebe vor. Es nutzt die üppige Durchzugskraft, wechselt in der Regel früh in die nächsthöhere Stufe.
Der Reiz des Drehmoments treibt den Mercedes E 500-Fahrer an
Einigen anderen Getrieben gelingt der Gangwechsel inzwischen allerdings spürbar sanfter. Wie auch immer, die manuellen Eingriffe entfallen meist, weil sie kein besseres Leistungsvermögen bewirken und auch selten dann vollzogen werden, wenn es der Fahrer wirklich wünscht. Schlimm? Eigentlich nicht, denn es ist – wie gesagt – der Reiz des Drehmoments, der den Fahrer des Mercedes E 500 antreibt.
Mit hintergründigem, aber doch präsentem Achtzylinder-Wummern und -Blubbern schiebt der Mercedes E 500 gewaltig an, als müsse er den gesamten Daimler-Konzern von der Last der Misswirtschaft befreien. Damit transportiert die E-Klasse jenes Gefühl der Überlegenheit, das sonst der S-Klasse vorbehalten war – ohne deren träges Handling an den Tag zu legen. Glücklicherweise. Auch wenn seine Lenkung zunächst etwas teilnahmslos erscheint, vermittelt sie doch bald mit ihrer linearen Arbeitsweise ein gutes Gefühl für den 4,75 Meter langen Viersitzer und trägt somit erheblich zum dem ordentlichen Wert im Slalom bei.
Das Mercedes E 500 Cabriolet bleibt hier ruhig und gelassen, lässt sich gut platzieren. Allerdings muss sich der Fahrer mit dem permanent aktiven ESP arrangieren. Das gilt ebenso auf dem Kleinen Kurs, wo zudem die stärkeren Karosseriebewegungen und das präsente Untersteuern eine bessere Zeit zu unterbinden wissen.
Auf der Landstraße stört wiederum nichts dergleichen. Hier schwappt der Mercedes E 500 cool durch Kurven, macht seinem Piloten das Leben mit bequemen Sitzen und einer guten Ergonomie so leicht wie möglich und gibt ihm stets die Gewissheit, bei Bedarf alles um ihn herum drehmomentös in den Asphalt zu bügeln. Eigentlich auch den Audi RS5.
Audi RS5 und Mercedes E 500 Cabriolet sind modern eingerichtet
Erwartungsgemäß wehrt der sich natürlich heftig dagegen. Das fängt bereits im Cockpit an, das die Insassen mit technokratisch-kühler Atmosphäre empfängt. Über das MMI genannte Bediensystem des Audi RS5 lassen sich zudem diverse Fahrzeugparameter einstellen, etwas, was der Mercedes E 500 für nahezu völlig verzichtbar hält. Im Audi dürfen Dämpfer-, Lenkungs- und Antriebskennlinie individuell bestimmt werden, und auch der Auspuffklang passt sich den Hörgewohnheiten des Käufers an.
Wobei: Wer sich ernsthaft für einen Audi RS5 interessiert, kommt um den Dynamic-Modus der Abgasanlage nicht herum. Erst dann klingt das 4,2-Liter-Triebwerk so gewaltig und massiv, wie es sich für diese Leistungsklasse gehört – schließlich schüttelt der Saugmotor mal eben 450 PS aus den Kolben. Sein maximales Drehmoment beträgt 430 Nm, das allerdings erst bei 4.000/min anliegt.
Bereits im Leerlauf wirkt es aufgekratzter als der bärige Mercedes-Biturbo, wartet ungeduldig auf den ersten Gasstoß. Sobald dieser erfolgt, schnappt der Direkteinspritzer danach, verdeutlicht, warum Sauger eben noch immer eine Daseinsberechtigung haben. Auch wenn das direkte Ansprechverhalten des Mercedes E-Klasse-Triebwerks durchaus Zweifel an seinem Aufladungskonzept aufkommen lässt, so unmittelbar, feinnervig und gierig wie das des Audi RS5 ist es dann eben doch nicht.
Audi RS5 ein nervöser Hobby-Rennwagen?
Ist der Audi RS5 wohl ein nervöser Hobby-Rennwagen? Im Vergleich zum Mercedes E 500 Cabriolet schon, wenn dem nicht das stattliche Gewicht von über zwei Tonnen im Weg stehen würde. Doch die quattro GmbH gab ihr Bestes, um die Masse so gut wie möglich zu kaschieren. Offenbar erschien den Ingenieuren dazu vor allem die Lenkung als probates Mittel. Die elektromechanische Konstruktion gewinnt vor allem im Dynamic-Modus deutlich an Schärfe, wenn auch nicht unbedingt an Rückmeldung.
Zusammen mit der wankstabilen Fahrwerksabstimmung allerdings, den 20 Zoll großen Rädern sowie der heckbetonten Auslegung des Allradantriebs biegt das Audi RS5 Cabrio derart unerhört rechtwinkling ab, dass selbst die Schalensitze den Fahrer nur mühevoll stützen können – aber erfolgreich.
Beide bringen fast 2 Tonnen auf die Waage
Und wem der Audi RS5 mit zu großer Neutralität durch Kurven schießt, der kann zusätzlich das Heck mittels Lastwechsel zum Eindrehen überreden. Die schiere Masse macht sich erst beim Anbremsen von Kehren bemerkbar, bei engen Radien ebenso – wäre es anders, würde die quattro-Truppe wohl auch in Las Vegas und nicht in Neckarsulm arbeiten. Beim Herausbeschleunigen schwillt das Grollen des V8 bedrohlich an, bekommt ein metallisches Timbre, der Drehzahlmesser huscht über die Skala in Richtung des Maximalwerts von 8.250/min.
Den Gangwechsel erledigt das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe des Audi RS5, begleitet vom typischen, leicht gereizten Schnauben. Die sogenannte Audi S-Tronic beantwortet jeden Zupfer an den Paddels sofort. Und wem selbst das zu viel Arbeit ist: Der D-Modus funktioniert ebenfalls ganz ordentlich. Mit viel Selbstvertrauen am Gas drängt das Heck nach außen, die nächste Kehre fliegt im schnellen Vorlauf auf das große Kühlermaul zu.
Audi RS5 mit Keramikbremse für 6.000 Euro
Beim Anbremsen hilft die üppige Keramikbremse des Audi RS5 Cabrio mit kräftiger Verzögerung und vor allem Standfestigkeit – was sich Audi mit der Kleinigkeit von 6.000 Euro bezahlen lässt. Ebenfalls ein teures Vergnügen, ein zweifelhaftes obendrein: die Sportschalensitze für 2.800 Euro. Sie packen zwar kräftig zu, die integrierten Kopfstützen fallen jedoch zu niedrig aus, und die wellig geformte Rückenlehne passt vielleicht auch nicht jedem.
Ob der Mercedes E 500 da viel billiger ist? Seit wann können Kühe denn fliegen? Eben. Wie bei der E-Klasse ändert sich übrigens auch der Charakter des Audi RS5, wenn er die Rennstrecke verlässt. Besser gesagt: die Wahrnehmung seines Charakters. Bei maximal erlaubten 100 km/h wirkt er immer ein Stück zu hibbelig, nervös, und leicht unterfordert. Bummeln will der Audi RS5 nicht, er will angreifen, permanent seine Talente offenbaren.
Da passt es gut, dass der offene Audi RS5 seine Insassen stärker den Elementen ausliefert. Letzteres fließt natürlich nicht in die Wertung ein, den Sieg holt sich der Audi ohnehin. Dorthin, wo viersitzige Cabrios üblicherweise ausgeführt werden, nämlich auf öffentliche Straßen, passt der relaxte Mercedes E 500 Cabriolet jedoch mindestens genauso gut. Ach, demnach müsste es dann auch nicht der dekadente Achtzylinder sein? Doch, ganz unbedingt! info quelle sportauto.de
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